Wie wird Wirtschaftswachstum verstanden? Kann es so weitergehen? Kann man es anders definieren?

Das sind 3 Teilfragen. Kurze Antworten:

 

1.

Wirtschaftswachstum wird als Zunahme des BIP verstanden, also einer Zunahme des Gesamtwerts aller Güter und Dienstleistung in einer Volkswirtschaft.

Dies ist nur möglich, wenn entweder die Menge dieser Güter und Dienste ständig zunimmt, einhergehend mit Mehrproduktion, Mehrkonsum, Mehrenergieverbrauch, oder der Bewertungsmassstab kleiner wird.

Auch das viel zitierte "qualitative" Wachstum bewirkt letztlich gesamthaft ein quantitatives Wachstum, weil niemand den Massstab ständig vermindern kann und will.

 

2.

Wenn man die Erde als Referenzsystem nimmt, muss man davon ausgehen, dass es physisch begrenzt ist, seine Ressourcen begrenzt sind und deshalb ewiges Wachstum gemäss 1) absolut gesehen nicht möglich ist.

Deshalb muss möglichst bald ein Wirtschaftssystem gefunden werden, welches ohne dieses ewige "Mehr-schneller-grösser" auskommt.

Eine Entkopplung des geldwertmässigen Wirtschaftswachstums von einer Steigerung des Ressourcenverbrauchs und der gesamten Belastung des Planeten ist bisher nicht gelungen.

 

3.

Man müsste das "Wachstum" anders definieren können. Wachstum an Erkenntnis, an Einsicht, auch an geistigem Reichtum, ist sicher möglich, da es keine physischen oder biologischen Grenzen kennt oder sprengen kann. Und es sollte auch einen Wert haben. Aber dieser Wert kann nicht länger ein Geldwert sein, weil dieser eben letztlich mehr reale "Werte", also mehr Produkte erfordern würde.

Wir müssten auch immaterielles Wachstum als Fortschritt verstehen können. Technologische Neuerungen müssten zu einer gesamthaften Entlastung führen, und nicht durch Rebound- oder gar Backfire-Effekte die Effizienzgewinne zunichte machen. Nur solches "Wachstum" ist planetenverträglich. Die Frage ist also, wie wir unsere Wirtschaftssysteme, in denen heute noch alles Zins tragen soll und wo bereits nur mit dem ehemals reinen Tauschmittel Geld angeblich weiteres Geld verdient werden kann, dazu bringen, planetenverträglich zu werden.

 

 

ein paar Wachstumskurven:

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Kommentare: 4
  • #1

    Der Kritiker (Donnerstag, 01 Juli 2010 23:01)

    Das tönt alles plausibel.
    Warum sehen das eigentlich unsere hochkarätigen Ökonomen nicht ein?

  • #2

    Schneider Alex (Freitag, 16 Juli 2010 06:24)

    Die einfachste Art, das Wachstum zu bremsen ist es, seine persönliche Arbeitszeit und damit das Einkommen zu reduzieren, welches das Wachstum antreibt. Wer lediglich viel Geld spart, ermöglicht der Wirtschaft via Banken und Versicherungen weiteres Wachstum.

  • #3

    Daniel Heierli (Donnerstag, 16 Juni 2011 21:36)

    Die Sache mit dem qualitativen Wachstum hat noch einen weiteren Haken: In unserer durch materiellen Überfluss geprägeten Gesellschaft schlagen sich echte Verbesserungen an Lebensqualität häufig gar nicht im BIP nieder.

    Wirtschaftswachstum ist immer quantitativ. Etwas anderes kann man mit diesem Instrument gar nicht messen!

  • #4

    Lena (Dienstag, 20 November 2012 22:56)

    Ich kann das alles nachvollziehen und in der Theorie ja auch unterschreiben. Blöd nur: wenn ich mir all das Zeug leiste, was eben vorallem schön und nur nebenbei nützlich (und schon gar nicht notwendig) ist, geht es mir einfach so viel besser...!

    Ich habe auch festgestellt, dass das nicht nur kurzfristig so ist, für ein paar Stunden oder Tage, sondern durchaus anhält. Meine Seele lechzt nach Schönheit und zwar in der Natur genauso wie in meiner Wohnung, bei meinen Kleidern. Seit Monaten geniesse ich jede Minute die ich in meinem Auto herumfahre. Simple minded, nicht wahr?! Ich glaube einfach nicht, dass eine nötige Mehrheit vom unnötigen Konsum abgehalten werden kann mit dem Argument, dass es dabei nur um "Scheinbefriedigung" und Suchverhalten geht. Das ist schon deutlich komplexer!